Anstoss für das Projekt gab die Abwanderung von Fachkräften. Mit der Förderung von Teilzeitarbeitsmöglichkeiten sollten diese im Beruf gehalten werden.
Während vier Jahren haben wir im Maler- und Gipsergewerbe der Deutschschweiz ein erfolgreiches Teilzeitförderungsprojekt durchgeführt. In dieser Zeit haben sich die Teilzeitstellen verdoppelt, wodurch Fachkräfte im Beruf gehalten werden konnten. Die Erfahrungen zeigen, dass Teilzeitarbeit auf dem Bau nicht nur möglich ist, sondern auch Vorteile hat. Nachahmen erlaubt!
Ziele und Vorgehen
Ziel des Projekts war es, Teilzeitarbeitsmöglichkeiten im Maler- und Gipsergewerbe zu fördern und dadurch die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessern. Dies sollte die Branchen attraktiver machen und zum Erhalt von Fachkräften beitragen.
Die Aktivitäten
Umfrage zu Teilzeitarbeit bei Unternehmen und Arbeitnehmenden.
Analyse von Gesamtarbeitsvertrag (GAV) und Reglementen aus Teilzeitperspektive.
Teilzeitförderprojekte mit 12 Unternehmen.
Porträtserie.
Information, Sensibilisierung, Medienarbeit.
Erarbeitung von Hilfsmitteln für alle Unternehmen.
Das Projekt startete 2018 und wurde 2022 abgeschlossen. Die Aktivitäten fanden in der Deutschschweiz statt und richteten sich an die Unternehmen, die dem GAV für das Maler- und Gipsergewerbe unterstehen.
Illustrierter Projektbericht auf Deutsch, Italienisch und Französisch:
▶ Teilzeitbau: Vorgehen und Resultate
▶ Teilzeitbau: Procedura e risultati
▶ Teilzeitbau: Démarche et résultats
Für die Baubranchen
Es handelte sich um das erste Projekt dieser Art im Baugewerbe und sollte dazu beitragen, Teilzeitarbeitsmöglichkeiten in den Baubranchen zu etablieren.
Ausgangslage
Die Abwanderung von Fachkräften gab den Anstoss für das Teilzeitförderungsprojekt. Rund 40% der Lernenden im Malergewerbe der Deutschschweiz sind Frauen. Doch nach wenigen Jahren legten viele Malerinnen den Pinsel wieder zur Seite. Andererseits interessierten sich auch Männer, insbesondere jüngere Arbeitnehmende, zunehmend für Teilzeitarbeit. Auch für das Vorruhestandsmodell (VRM) des Maler- und Gipsergewerbes brauchte es Teilzeitarbeitsmodelle.
Im Maler- und Gipsergewerbe gab es vor Projektlancierung Ende 2017 nur 4% Teilzeitstellen – zehnmal weniger als der gesamtschweizerische Durchschnitt von rund 40%. Denn Vorurteile gegenüber Teilzeitarbeit waren verbreitet. Viele Unternehmen befürchteten mehr Aufwand, komplizierte Abläufe und negative Reaktionen der Kundschaft.
Mit dem Projekt sollten Lösungen für die Herausforderungen von Teilzeitarbeit gefunden werden.
Umfrage
In der Umfrage zu Projektbeginn (2018) äusserten 32–36-jährige Männer am häufigsten den Wunsch nach einer sofortigen Teilzeitstelle (23% in dieser Kategorie). Im Durchschnitt wollten 10% der befragten Vollzeitmitarbeitenden «am liebsten sofort» eine Teilzeitstelle, unabhängig von Beruf und Geschlecht. Und 37% «vielleicht in den nächsten Jahren».
Oder anders gesagt: Gut die Hälfte der vollzeitbeschäftigten Maler/Gipser/innen interessierte sich für Teilzeitstellen. Die Umfrage zeigte auch, dass die Nachfrage nach Teilzeitstellen grösser war als das Angebot.
Die Resultate der Umfrage zu Teilzeitarbeit im Maler- und Gipsergewerbe:
Gesamtarbeitsvertrag
Das Arbeits- und Sozialversicherungsrecht und die Gesamtarbeitsverträge (GAV) orientieren sich an Vollzeitarbeitsverhältnissen. In vielen Bereichen, wie beispielsweise beim Lohn, können die Bestimmungen für Teilzeitbeschäftigte einfach im Verhältnis zur Normalarbeitszeit berechnet werden. Bei anderen Fragen ist die Auslegung für Teilzeitbeschäftigte unklar, zum Beispiel die wöchentliche Höchstarbeitszeit.
Im Rahmen des Projekts wurden der GAV und Reglemente aus Teilzeitperspektive analysiert. Die offenen Fragen wurden in der Folge von den Sozialpartnern verhandelt. Beispielsweise gilt für Maler/Gipser/innen mit einem Arbeitspensum von weniger als 80% neu eine tägliche Höchstarbeitszeit.
Pilotprojekte, Porträts, Hilfsmittel
Zwölf Maler- und Gipserunternehmen beteiligten sich an den Teilzeitförderprojekten für Unternehmen. Sie konnten dabei auf Unterstützung eines externen Beraters zählen.
In einem gemeinsamen Entwicklungsprozess halfen sie mit, Werkzeuge für die Umsetzung von Teilzeitarbeit im Betrieb zu erarbeiten. Diese rechtlichen und organisatorischen Hilfsmittel liegen auf Deutsch, Französisch und Italienisch vor und werden auch nach Projektende aktualisiert.
Die Unternehmerinnen und Unternehmer der Pilotbetriebe standen auch vor die Kamera. Zusammen mit Teilzeitmitarbeitenden erzählten sie in einer Porträtserie von ihren Erfahrungen. Von Vorteilen und Vorurteilen, Herausforderungen und Herangehensweisen. Und von Teilzeit als Chance, motivierte Mitarbeitende im Beruf zu halten.
Resultate
Innerhalb von vier Jahren haben sich die Teilzeitstellen im Maler- und Gipsergewerbe mit über 600 neuen Teilzeitstellen verdoppelt. Das hat die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessert und Fachkräfte im Maler- und Gipsergewerbe gehalten.
Auch die externe Evaluation zog ein positives Fazit.
Trägerschaft
Das Projekt wurde getragen vom Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verband (SMGV), den Gewerkschaften Unia und Syna und dem Verein Pro Teilzeit (Projektleitung).
Unterstützung
Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) unterstützte das Projekt mit Finanzhilfen.
Weitere Themen: