«Alle gewinnen»
Maler Roman Engel ist überzeugt, dass von Teilzeitarbeit alle profitieren. Er teilt sich die Kinderbetreuung mit seiner Frau und arbeitet deshalb 60%.
Veröffentlicht am: 27. November 2020
«Freude, Freiheit, Verantwortung», antwortet Roman Engel auf die Frage, was ihm spontan zum Stichwort Teilzeitarbeit einfällt. «Ein super Lebensgefühl. Gute Work-Life-Balance», fährt er fort und fügt lachend hinzu: «Ganz viele schöne Gefühle.» Der gelernte Maler arbeitet seit drei Jahren Teilzeit, mit einem 60%-Pensum. Als er vor 3 Jahren Vater wurde, war für ihn und seine Frau klar: Sie wollten sich die Kinderbetreuung aufteilen. Seither arbeiten beide 60%, an einem Tag schaut die Schwiegermutter auf die beiden Kinder.
Roman Engel ist «mega zufrieden» mit seiner Teilzeitstelle. «Ich mache meinen Job sehr, sehr gerne. Aber Kinderbetreuung mache ich gerade so gerne. Ich freue mich jeweils auf beides total», erklärt der 31-jährige. «Es ist ein super Ausgleich.» Er sei an beiden Orten «voll dabei» und habe mehr Leistungsbereitschaft. «Das nützt auch dem Geschäft», ist Engel überzeugt.
Hinzu kommt: Teilzeit sei auch gut für das Image bei der Kundschaft. «Ich hatte noch nie negative Reaktionen», erklärt der Maler, der an seiner Arbeit die Vielfältigkeit und den Menschenkontakt schätzt. «Im Gegenteil, die Kundschaft findet es toll, dass ich Teilzeit arbeite.» Das müsse die Branche auch erkennen, findet der zweifache Familienvater mit Blick auf ein Gewerbe, wo es normal ist, dass fast alle 100% arbeiten. «Mit Teilzeit gewinnen alle. Das Geschäft, du, die Familie», fasst er die Vorteile von Teilzeitarbeit zusammen. «Es ist eine Win-Win-Situation für alle.»
Und die Nachteile? Den grössten Nachteil findet Roman Engel, der früher nur Vollzeit gearbeitet hatte, die Altersvorsorge. Man zahle viel weniger ein. Vom Lohn her sei es zwar knapp. «Aber wir haben megakleine Ansprüche, und deshalb geht es.» Einen weiteren grossen Nachteil sieht Roman Engel darin, dass es in der Branche kaum Teilzeitstellen hat. «Wenn ich mich irgendwo für 60% beworben hätte, dann hätte ich zu 99% nur Absagen erhalten», ist Roman Engel überzeugt.
Deshalb hatte er sich schon früh bei seinem Chef erkundigt, ob Teilzeitarbeit im Hinblick auf Familienplanung überhaupt möglich sei. Die Antwort lautete Ja. Man solle dann zusammensitzen, wenn es soweit sei. Als es konkret wurde, brachte Roman Engel den Wunsch nach einer 60%-Stelle ein, da dies für ihn und seine Frau die ideale Lösung war. «Ich machte keine Freudensprünge», erinnert sich Arno Matter, Inhaber der Maler Matter AG. Nach ein paar Gesprächen willigte er ein, es zu versuchen. «Roman würde sonst nicht mehr hier arbeiten», erklärt Matter seine Beweggründe, «wir brauchen motivierte Mitarbeiter.»
Roman Engel rät deshalb allen, die ebenfalls Teilzeit arbeiten möchten, dies frühzeitig und klar anzusprechen. Und dann auch kompromissbereit sein. «Es ist ein Geben und Nehmen», so der Maler.
Bei der Arbeit gab es für Engel, der seit 2014 bei Maler Matter arbeitet, mit der Teilzeitstelle keine grösseren Änderungen. Er arbeitete schon zuvor als Kundenmaler. «Die Aufträge sind jetzt kleiner, so dass sie in drei Tagen machbar sind.» Es komme nur selten vor, dass er die Arbeit an andere übergeben müsse. Und auch im Team sei er immer noch gut integriert. Überhaupt habe es in seinem Umfeld nur positive Reaktionen gegeben. «Die meisten finden es megacool.»
Für ihn und seine Frau sei die gefundene Lösung «eine totale Bereicherung». Beide seien voll verantwortlich für die Familie. «Aber man kann die Verantwortung dann auch wieder übergeben und sich voll auf den anderen verlassen.»
Vor einem halben Jahr kam das zweite Kind auf die Welt. Da seine Frau ein Jahr Auszeit genommen hat, hat Roman Engel soeben eine halbjährige Weiterbildung als Baustellenleiter begonnen. Kann er sich vorstellen, zukünftig wieder Vollzeit zu arbeiten? «Ja», sagt er und lacht. «Aber nicht mehr ganz voll.» Vielleicht 80%. Oder jeden zweiten Freitag frei. «Das Leben hat schliesslich so viele Facetten», so der Maler.
Teilzeitförder-Unternehmen
Die Maler Matter AG aus Baar ZG beteiligt sich an den Teilzeitförderprojekten.